• Nördliche Breite: 48.00876744476193
  • Östliche Länge: 11.089091867725525
  • Rundgang durch Holzhausen anlässlich des Tages des offenen Denkmals am 10. September 2023.

Unter dem Motto „Talent, Monument“ führte Kunsthistorikerin Regina Fischer interessierte Besucher anlässlich des Tages des offenen Denkmals am 9. September 2023 durch Holzhausen. Frau Fischer kommt regelmäßig auf Einladung von Jochen und Erika Seifert, Vorstand der JES-Kulturstiftung, an den Ammersee und begeistert ihre Zuhörer immer wieder durch ihre profunden kunst- und kulturhistorischen Kenntnisse. 
Holzhausen wurde im Jahr 776 erstmals urkundlich, als Teil der Güter des Adelsgeschlechts der Huosi, erwähnt. Der Ort erlangte als Künstlerdorf Bekanntheit. Um 1900 siedelten sich Künstler der Münchner Künstlergemeinschaft „Scholle“ hier an. 

Start der Führung war der Maibaum, der Motive des bayerischen Künstlers und Illustrators Paul Neu (1881-1940) trägt. Daneben ein Gedenkstein mit einer Relieftafel von Rüdiger von Wackerbeck. 


Zehntstadl

Der Ehemalige Zehntstadel am Schmidberg, benannt nach den Eigentümern, stammt im Kern aus dem 18. Jahrhundert und ist genauso alt, wie die nahe gelegene Ulrichskirche. Ein Zehntstadel (Zehntscheuer) diente als Lagerhaus für den Zehnt, die Naturalsteuer, die die Bauern an den Grundherrn abgeben mussten. Die Holzhauser Bauern waren zunächst dem Kloster Bernried und ab dem 14. Jahrhundert dem Kloster Dießen als Grundherrn abgabepflichtig. 


Gedenkkapelle

Gedenkkapelle

Am alten Fußweg von Utting nach Riederau, am Kittenbach, findet man auf Privatgrund der Familie Lorenz eine Gedenkkapelle. Es handelt sich um einen rechteckigen Bau mit Satteldach und Rundbogennische aus dem Jahr 1915-1920/21. 
Sie wurde vom Inhaber des an den Weg grenzenden Hofes Xaver Bauer gestiftet, zur Erinnerung an den Sohn Josef, der im 1. Weltkrieg am 8. Mai 1915 in Frankreich gefallen ist. Der Maler und Grafiker Adolf Münzer (1870 -1953) wurde beauftragt das Mosaik der schmerzreichen Muttergottes zu gestalten. Mit der Ausführung wurde sein damaliger Vorarlberger Künstlerkollege Josef Huber (genannt Josef Huber-Feldkirch, 1858 - 1932 ) beauftragt. 

Auf dem Weg zum Künstlerhaus von Clara Ewald kommt man vorbei am Kreuz der Familie Berchtold. 
Es wurde als Dank für die Rückkehr der 3 Söhne Hans, Josef und Franz aus dem 2. Weltkrieg aufgestellt. Die geschnitzte Christusfigur stammt von Eduard Brenner aus Entraching.

Kreuz der Fanilie Berchtold

Das ehemalige Haus der deutsch-jüdischen Portraitmalerin Clara Ewald (geb. Philippson, 1859 - 1948) befindet sich in der Ammersee Straße. Sie wurde in der Glaubensrichtung ihrer Mutter erzogen. Clara wollte Medizin studieren und Ärztin werden, doch die Konventionen ihres gesellschaftlichen Milieus ließen dies seinerzeit nicht zu. Daher begann sie Malerei zu studieren. Sie machte sich als Künstlerin selbstständig und begleitete ihren Mann, den Historiker und Philologen Paul Ewald auf seinen Reisen. Drei Monate vor der Geburt des Sohns starb ihr Gatte. Mit Unterstützung ihrer Familie zog sie ihren Sohn auf, während sie als Malerin tätig war. 


Clara Ewald

Haus in Holzhausen, ehemals von Clara Ewald bewohnt

Auf Wunsch ihres Sohnes, der in München Physik studierte, kaufte Sie im Jahr 1909 das Haus in Holzhausen. 1911 entstand dort ihr wohl bedeutendstes Porträt, das Bildnis des befreundeten britischen Dichters Rupert Brooke, heute Teil der Sammlung der National Portrait Gallery (London), außerdem in den frühen 1930er Jahren das Porträt von Albert Schweitzer, heute ebenfalls in der National Portrait Gallery. Zu ihren Kontakten gehörte auch die Schriftstellerin Edna Furber („Die Giganten“, später verfilmt mit James Dean) 
Ein altes Foto zeigt den Sohn mit 5 Physikerkollegen von denen drei später den Nobelpreis erhielten, im Garten des Hauses.  
Als durch die Nürnberger Gesetze Menschen jüdischer Abstammung im nationalsozialistischen Deutschen Reich zunehmenden Einschränkungen und Bedrohungen ausgesetzt waren, verließ Ewald ihr Haus am Ammersee, das später zu einem Kinderheim umfunktioniert wurde.
Sie ging in die Emigration. Mit der Familie ihres Sohnes wanderte sie nach Großbritannien aus und zog später mit ihrem Sohn ins nordirische Belfast , wo sie im Alter von 88 Jahren starb.

Über den Kapellenweg gelangt man zur am südlichen Ortsrand gelegenen Michaelskapelle. Die Kapelle steht auf dem Grund der Familie Riefer und Schäffel . Sie wurde 1997 vom damaligen Besitzer „Anwesen Nr. 5 - Beim Bauern“ in Auftrag gegeben.  
 
 
Durchgangskapelle St. Michael

Durchgangskapelle St. Michael

Es handelt sich um eine Durchgangskapelle, durch die der damals öffentliche Weg von Utting nach Dießen führte. Der Altar stammt aus dem Jahr 1697.  Es handelt sich um den Mittelteil eines ehemaligen spätgotischen Flügelaltars (1470/1490). Er stand ursprünglich wohl in der Kirche St. Ulrich und wurde in den 1670er Jahren hierhin verbracht, als die Kirche renoviert wurde. Reste von Scharnieren sind noch erhalten. Ebenfalls noch sichtbar sind Schatten ehemals eingestellter Schnitzfiguren und Farbreste von Malereien auf der Rückseite. (Am Schrein „Christus mit Leidenswerkzeug“, an der Predella das „Schweißtuch der Veronika“. Auf der Predella die Stifterfamilie in Festtagstracht). 
Das schmiedeeiserne Altar-Kreuz wurde gestiftet vom Verein „Unser Dorf“ mit einem Namenskasten und einem Motivbild vom Künstler Rüdiger von Wackenbart. 
An den Wänden rechts und links findet man als Rarität in Oberbayern acht alte Totenbretter aus den Jahren 1823-1868.  Nachdem ab 1809 Särge eingeführt wurden, dienten die Bretter als Gedenktafeln. 
 

Auf dem Rückweg kommt man am Haus des ehemaligen Kammersängers von Kaisers Wilhelm II., Herr Wutzehl, vorbei. Da das Haus ohne Baugenehmigung errichtet wurde, musste dieser 20 Mark Strafe zahlen.

ehemaliges Haus des Kammersängers Wutzehl 

Holzhausen, Kirche St. Ulrich

Geendet hat die Führung in der Kirche St. Ulrich. Dem höchsten Punkt des Ortes, der vermutlich im Mittelalter aufgeschüttet wurde. Von hier aus hat man einen schönen Blick auf das gegenüber liegende Kloster Andechs. 
Es handelt sich um eine Saalkirche mit Vorzeichen (Vorbau), der 1226 erstmalig urkundlich erwähnt ist. Der romanische Tuffquaderbau aus dem 12. Jahrhundert ist im Kern des Langhauses noch erhalten. Nach dem 30-jährigen Krieg, im Jahre 1672, wurde die Kirche erstmalig renoviert und barockisiert. Weitere Baumaßnahmen und Erneuerungen folgten, die letzte in den Jahren 1974-1975.
Auf dem umgebenden Höhenfriedhof der Kirche sind zahlreiche Protagonisten der Holzhauser Künstlerkolonie bestattet, u.a. Walter Georgi, Eduard Thöny, Fritz Erler und Claire Watson. 
 

Links:
Künstler:innen | Künstlerkolonie Holzhausen | kuk.art
Jes Kulturstiftung | JES Kulturstiftung (jes-kulturstiftung.de)
Kulturelement Durchgangskapelle St. Michael -> Kulturlandschaft Ammersee-Lech e.V.