Am Sonntag, den 14. Juli 2024 hat Rainer Maurer für unseren Verein eine Führung durch den Schlosspark Nymphenburg angeboten, der als einer der größten und bedeutendsten Gartenbaukunstwerke Deutschlands gilt.
Interessant ist, dass der Umriss des Schlossparks mit Absicht in etwa der Form der Altstadt von München innerhalb der Maurer im 18 Jhd. entspricht. Allerdings ist der Schlosspark vom Umfang etwas größer. Schwerpunktthema war die Veränderung der Ausgestaltung des Parkes im Wandel der Zeit vom Absolutismus bis zur Aufklärung.
Rainer hat uns sehr eindrucksvoll geschildert, wie überglücklich Kurfürst Ferdinand Maria über die Geburt seines Thronfolgers Max Emanuel gewesen sein muss, dass er seiner Frau Henriette Adelaide von Savoyen die Hofmark Menzing, in der auch die Schwaige Kemnat lag, zum Geschenk machte. Sie beginnt dort ab 1664 mit dem Bau eines Landschlosses, dem heutigen Mittelbau des Schloss Nymphenburg
Mit Adelaide begann der italienische Einfluss in München. So wurde neben dem ersten Bau des Schlosses auch die Theatinerkirche im italienischen Barock ausgeführt.
Front des Nymphenburger Schlosses
Die Nebengebäude wurden später durch den Sohn hinzugefügt. Das Rondel im Portalbereich der Front noch später durch dessen Sohn Kurfürst Karl Albrecht, dem späteren Kainer Karl VII. Der Hubertusbrunnen am östlichen Ende des Kanals wurde erst nach dem Krieg aus der Stadt an diese Stelle versetzt. Sein Schöpfer war Adolf Hildebrandt.
Als Anekdote erwähnte Rainer die Polizeilicher Verordnung die Auffahrtsallee betreffend, nach der es verboten war tagsüber zu "odeln".
Sicht vom Schloss auf die Auffahrstallee
Zunächst haben wir einen Abstecher zu dem 200 Jahre alten Pumpwerk gemacht, das sich in einem Seitenbau an der Westseite befindet. Es wurde 1807 von Joseph Ritter von Baader konstruiert. Maschinenbau und Kunst wurden damals gleichwertig behandelt entsprechend ist die Anlage ästhetisch aufwändig gestaltet. Die Lager der Wage Balken ruhen auf Säulen und profilierten Gebälk im damaligen klassizistischen Stil. Das Pumpwerk betreibt bis heute die Fontäne im Schlossrondell.
Die Uhren der beiden gegenüberliegenden Seitenanbauten weisen eine Besonderheit auf. In beiden Fällen ist der Stundenzeiger länger als der Minutenzeiger.
Pumpwerk im westlichen Seitenanbau des Schlosses
Unscheinbar innerhalb Seitenbaus des Schlosses befindet sich, die spätbarocke Schlosskapelle. Bereits im 14. Jahrhundert befand sich an dieser Stelle die Magdalenenkapelle, die zur Schwaige Kemnathen gehörte. Mit der Schlosserweiterung unter Max Emanuel wurde die Kapelle abgerissen und durch die jetzige Kirche ersetzt, die ebenfalls wieder Maria Magdalena geweiht war. Die Kirche war weiterhin zugänglich für die Bevölkerung. Die kurfürstliche Familie nahm Platz auf der Empore.
Auf dem Innenhof des Schlosses mit Ausblick auf den weitläufigen Schlosspark, erklärte uns Rainer wie optische Täuschungen dazu genutzt wurden den Park größer erscheinen zu lassen.
1) Der Weg vom Schloss bis zur Fontäne ist länger als der von der Fontäne bis zum Kanal. Aufgrund der Symmetrie der Anlage geht man davon aus, dass beide gleich lang sein müssten. Daher entsteht der Eindruck der Garten erstreckt sich nach tiefer nach hinten.
2) Der 950 Meter lange Kanal ist vorne zu Beginn 21 Meter breit, hinten am Ende nur 19 Meter. Parallele Linien laufen im Fluchtpunkt zusammen. Dadurch, dass der Kanal nach hinten schmaler zuläuft, wird der Effekt verstärkt und der Kanal wirkt länger.
3) Die Allee, welche zu den Kaskaden am westlichen Ende des Kanals steigt um 2 m leicht an. Auch hierdurch wird der Eindruck von Tiefe verstärkt.
Sicht auf die Südseite des Schlosses
Unsere Gruppe im Schlosspark
Blick auf den langen Kanal in Richtung Süden
Die gebändigte Natur der Gartenanlagen absolutistischer Herrscher galt als Ausdruck von Macht und Wohlstand. Im Barock wurden die Gärten, der damaligen Mode entsprechend, mit Ordnung und Symmetrie derart angelegt, dass sie Einblicke weit in die Landschaft erlaubten. Ein bekanntes Beispiel hierfür ist die Anlage des Fächerschlosses Karlsruhe.
In Nymphenburg zeigten die Sichtachsen auf der rechten Seite nach Blutenburg, auf der linken Seite nach Pasing und in der Mitte zur Pippinger Kirche.
Zum typischen Barockgarten gehörten, neben der Symmetrie auch Gestaltungselemente wie Heckenreihen, in Form geschnittene Bäume sowie Grasflächen zum Lustwandeln, die mit Blumen bepflanzten Ornamenten (Broderien) ausgestaltet waren. Weitere Akzente wurden durch Grotten, Kanäle oder ein Figurenprogramm mit Statuen aus Marmor, zumeist Darstellungen von Göttern der griechischen Mythologie, gesetzt. Die Rokokofiguren in dem Parterre wurden erst ab ca. 1770 aufgestellt, die Schöpfer gehören zu den bekanntesten Bildhauern im Rokoko, unter ihnen Johann Baptist Straub, Ignaz Günther, Roman Anton Boos.
Die Parkburgen Amalienburg, Badenburg, Pagodenburg und Marienklaus wurden zur Zeit des Barockgartens gebaut. Sie stehen in Kreuzungspunkten des damaligen Wegs und Sichtachsennetzes. In der heutigen Parkanlage fällt das nicht mehr auf. Sie stehen so harmonisch in der "Landschaft", als wären sie nur für diesen Ort gebaut worden.
Mit der Aufklärung, dem 1762 von Rousseau entwickelten Idealbild der Demokratie, der Neuausrichtung der Naturwissenschaften unter Newton und Humboldt, und der philosophischen Gedanken von Kant, setzte ein Wandel ein. Die Impulse der Aufklärung wurden europaweit von den Herrscherhäusern aufgenommen und es wurde zumindest teilweise versucht, aufklärerische Reformen umzusetzen.
Das mündete zum Beispiel in der Abkehr vom Aberglauben. Kurfürst Maximilian III. Joseph hat zum Beispiel Wallfahrten verboten und sich für die Reduzierung kirchlicher Feiertage eingesetzt.
Unter König Max I Joseph (= Kurfürst Maximilian IV Joseph) erhielt der weitläufige Schlosspark seine heutige Gestalt. Im Zuge der Aufklärung hat Friedrich Ludwig Sckell den Park in einen Landschaftsgarten nach englischem Vorbild umgewandelt.
Im 3. Reich gab es die Planung den Park in eine Hochschulstadt umzuwandeln, ohne auch nur ansatzweise auf die Bedeutung und die Geschichte des Parks Rücksicht zu nehmen. (Hierzu sei verwiesen auf das Buch „Schloss Nymphenburg unterm Hakenkreuz“, Allitera Verlag)
Von Zeit zu Zeit wird diskutiert, wie mit dem Park weiter umgegangen werden soll. Ist der Schlosspark ein Kultur-Raum oder ein Natur-Raum. Sollen junge Bäume einfach wachsen dürfen oder soll die Kultur des Parkes mit den Sichtachsen erhalten bleiben. Informationen zur Pflege des Parks erhält man in der Ausstellung im Palmengarten.
Im Sammelband „Bayern goldenes Zeitalter“ (nur noch antiquarisch erhältlich) mit Beiträgen zur Beschreibung des Rokoko in Bayern, beschreibt der Historiker Benno Hubensteiner nicht nur die Geschichte von Schloss und Park, sondern auch die Menschen, die im Park gelebt haben, die Herrscher wie auch das „einfache Volk“.
Lesung vor einer künstlich angelegten Quelle, die den Abfluss des großen Sees bildet. Im Hintergrund ein Denkmal für den Gott Pan. Die Figur ist aus Carrara Marmor und wurde 1815 von Peter Simon Lamine gefertigt. Sie liegt auf einem Sockel aus Nagelfluh.
Ein weiteres Pumpwerk für die Wasserspiele im nördlichen Teil des Schlossparks
Infotafel am Pumphaus
Aus der Ferne, Blick auf die Badenburg
Eines der Highlights des Parkes ist die Amalienburg, ein Kleinod des Rokoko in Bayern. 1734 ließ Kurfürst Karl Albrecht das Lust- und Jagdschlösschen für seine Frau Maria Amalia errichten. Der Entwurf stammt von François Cuvilliés, der auch die Aufsicht über alle beteiligten Handwerker hatte. Die Stuckarbeiten und Schnitzereien des Jagdschlösschens wurden von Johann Baptist Zimmermann und Joachim Dietrich ausgeführt.
Im Gegensatz zu den bekannten kirchlichen Formen, bei denen Gold ein wichtiges Gestaltungselement darstellt, ist das höfische Barock in Silber gehalten und wirkt zweidimensionaler und verspielter.
Unsere Gruppe vor der Amalienburg
Im Seitenflügel der Amalienburg finden sich die Garderobe, der Raum für Hunde- und, die Gewehrkammer und die Küche. An den Seiten des Hauptteils befinden sich ein Ruhe- und ein Jagdzimmer. Im Zentrum liegt als kreisförmiger Raum der Spiegelsaal. Durch den Wechsel zwischen Fenstern und Spiegel wirkt der lichtdurchflutete Raum wie ein offener Pavillon.
Der Spiegelsaal der Amalienburg
Detail des versilberten Stucks im Spiegelsaal
der Amalienburg aus der Zeit des Rokkoko
Die Prunkküche wirkt fremdländisch. In Blau und Weiß gehalten stehen Bemalung mit chinesischen Motiven neben gekachelten Wänden aus Rotterdamer Fliesen. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts begann die Ost-Indische Kompanie chinesisches Porzellan zu importieren. Schnell versuchte man diese exotisch anmutenden Vorbilder zu imitieren. Bekannt hierfür ist Delft, wo es zuerst gelang, einen Ersatz aus hochwertiger zinnlasierter Keramik zu erfinden, die dem Erscheinungsbild von Porzellan sehr nahekam.
Küche der Amalienburg mit ihren weiß-blauen Keramiken
Wandkacheln oberhalb der Küche
Nach unserem Spaziergang im sommerlich warmen Nymphenburger Park haben wir uns noch in einem der schönsten und traditionsreichsten Biergärten Münchens, im nahegelegenen Hirschgarten gestärkt.