Am Sonntag, den 21.09. starteten wir unsere Exkursion zum Schlossberg, der Villa Rustica und der Wallfahrtskirche Maria Egg am Parkplatz Sonnenbichl in Peiting. Dort wurde in den 1980er Jahren eine Kapelle in Gedenken an die Kriegs-flüchtlinge nach dem 2. Weltkrieg errichtet.
Die Gemeinde hat damals etwa 1.300 Flüchtlinge und Heimatvertriebene aufgenommen, bei einer damaligen Einwohnerzahl von 6.600. Die Kapelle ist der Maria von Kulm geweiht, zu der die Vertriebenen aus Falkenau (Egerland) einen engen Bezug hatten. Die Marienfigur in Peiting ist eine Nachbildung der Madonna von Kulm, die dort in der Wallfahrtskirche seit dem 13. Jahrhundert verehrt wird. Im Außenbereich neben der Gedenkkapelle am Kalvarienberg befindet sich eine Gedenktafel mit Erklärung.
Gedenkkapelle am Kalvarienberg
Blick von der Kapelle auf Peiting
Nachdem uns Albin Völk Informationen zur Entstehungsgeschichte von Peiting gegeben hatte, machten wir uns auf zum Schlossberg.
Blick vom Schlossberg auf Peiting
Informationstafeln auf dem Schlossberg, Blick in Richtung Schongau
Der Schlossberg
Peiting ist umgeben von den Moränenhügeln Schlossberg, Kalvarienberg, Schnaidberg und Bühlachberg. Funde, ein Steinbeil und Tonscherben aus dem Jahr 3000 vor Chr., belegen eine frühe Besiedlung. Es gibt bronzezeitliche Gräber auf dem Bühlachberg, auch die Besiedlung durch Kelten und Römer ist nachgewiesen. Der Ortsname leitet sich vermutlich von dem Adelsgeschlecht der Peutinger ab, das sich wohl schon im 6. Jahrhundert im Ortsgebiet ansiedelte.
Die erste urkundliche Erwähnung Peitings stammt aus dem Jahr 1055 als „neue“ Burg Peiting der hier ansässigen Welfen. Dies bedeutet, es muss auch eine „alte Burg“ gegeben haben. Die Spuren dieser „alten Burg“ führen uns auf den Schlossberg.
Pfostensetzungen und Gruben für Brandopfer, sogenannte Bothroi, auf dem Schlossplateau weisen auf vorchristliche Brandopferplätze hin, die von den Römern übernommen wurden. Durch Magnetfeldmessungen wurden zwei größere Gebäudekomplexe nachgewiesen, bei denen es sich entweder um Podiums- oder Ringhallentempel aus der augustäischen Zeit handelt oder um Gebäude mit militärischer Bedeutung. Von hier aus besteht Sichtkontakt zum Peißenberg und zum damals ebenfalls römisch besetzten Auerberg. Die Hänge waren früher ohne Baumbestand und es wurde ein ständiges Feuer aufrechterhalten.
Zwei Sagen ranken sich um den Schlossberg, die einen Zusammenhang zu einem überregional wichtigen vorchristlichen Heiligtum nahelegen.
1) Eine Drei-Frauen-Sage in der drei Frauen am Schlossberg wandeln, begleitet von einem schwarzen Hund, der die Totenwelt bewacht.
2) Die wilde Jagd zieht vom Schlossberg aus in die Steinernen Stuben, die als Totenwelt gilt.
Im 10. Jahrhundert wurde eine Burg errichtet. Eine Hinweistafel sieht diese als Vorgängerbau der Welfenburg. Es gibt jedoch keine Überreste eines Bergfriedes und auch keine Baumaterialen die typisch waren für die Welfenzeit. Die Burgenordnung von 926 sah den Bau von Fluchtburgen vor, deren Verproviantierung und Ausstattung sowie den Aufbau eines Reiterheeres. Es ist daher eher davon auszugehen, dass es sich um eine Burganlage zur Verteidigung gegen die Ungarneinfälle gehandelt hat. Darauf weisen auch die Wallanlagen zur Verteidigung hin, deren Reste unterhalb der Anlage erkennbar sind. Es gibt einen Geländeeinschnitt, der ein Hindernis für angreifende Reiter darstellte und entlang der Hangkannte existierten weitere Wälle und Verschanzungen, deren Spuren noch erkennbar sind.
Geländerelief des Schlossbergs mit Spuren der Verteidigungseinrichtungen
Der Taleinschnitt vom Schlossberg aus gesehen
Im heutigen Wald an der Westseite des Schlossbergs sind noch Reste der Verteidigungswälle auszumachen
Im Jahr 1348 verwüstete ein Erdbeben in der Region weite Landstriche, bei dem auch ein Teil der Burg auf dem Schlossberg einstürzte und ein Hang abrutschte. Die Reste der Festung wurden wahrscheinlich in Peiting als Baumaterial verwendet.
Kartenausschnitt aus dem Bayernatlas mit Schneckenbichl,
Schlossberg und Kalvarienberg
Die eigentliche Welfenburg wird am Schneckenbichl verortet. Sie lag damit nördlich der Salzstraße. Zusammen mit einer gegenüberliegenden Abschnittsbefestigung wurde der Handelsweg kontrolliert.
Magnetfeldmessungen zeigen das Fundament eines Wohnturmes mit drei Stockwerken in den Ausmaßen 11 x 11,5 m und einen Hocheingang (vgl. Römerturm Wessobrunn). Es wurden Überbauungen mit vier Bauphasen nachgewiesen. Die Burg war im Besitz der Welfen und ging schließlich über die Staufer und die Wittelsbacher in den Besitz von Berthold von Seefeld über. Kürzlich hat man einen steinernen Rundbogen eines Fensters des Wohnturmes gefunden, der nach einem Hangrutsch freigelegt wurde.
Der weitere Weg führte uns zum Kalvarienberg, einer vorzeitlichen Siedlungsstätte mit Hügelgräberfeld. Der griechische Geschichtsschreiber Strabon erwähnt eine Höhenburg „Damasia“ in der Provinz Raetien, die zum Stamm der Likater, den damaligen Bewohnern des Lechgebietes, gehört. Damasia ist trotz zahlreicher Theorien bis heute nicht lokalisiert. Der Ort wird häufig mit dem benachbarten Auerberg in Verbindung gebracht. Allerdings handelte es sich hier nur um eine römische Befestigung. Es gibt keine keltischen Siedlungsspuren. Es ist wahrscheinlicher, dass mit Damasia die keltische Siedlung in Peiting gemeint war. Der Ort liegt näher an den ehemaligen Hauptverkehrswegen Lech und Salzstraße.
Villa Rustica Peiting
Nach der Mittagspause im Biergarten des Gasthofes Keppler in Peiting war unsere nächste Station die Villa Rustica in Peiting mit einer Führung durch Herrn Jakob Leicher.
Rekonstruktion der Villa Rustica, https://www.villarustica-peiting.de/villa-rustica/
Die Villa Rustica befindet sich auf einer Wiese mit dem Flurnamen „Neukirchen“. Nach der Dorfchronik soll hier eine Kirche gestanden haben. Bei der Feldarbeit wurde immer wieder Tuffstein freigelegt. Es handelte sich jedoch nicht um die Reste einer Kirche, sondern um eine römische Villa Rustica.
Zur Sicherung des Römischen Reiches wurde das Voralpenland für Rom in Besitz genommen und zur römischen Provinz. Unter Drusus bauten die Römer die Heeresstraße Via Augusta auf keltischen Saumpfaden, die unter Claudius zur Handelsstraße Via Claudia Augusta ausgebaut wurde. Entlang der Römischen Straßen siedelten sich Landgüter zur Versorgung der römischen Bevökerung an.
230 bis 256 n. Chr. wurden die in der Provinz Raetia stationierten Truppen zunehmend ausgedünnt, da der Sicherung der Ostgrenzen eine höhere Priorität eingeräumt wurde. In dieser Zeit kam es immer wieder zu Zerstörungen und Plünderungen durch Alemannen. Dies betrifft auch die Villa Rustica in Peiting, die danach zwar wieder neu, aber nicht mehr in der gleichen Bauqualität errichtet wurde. Nach dem Abzug der Römer ist sie einfach zusammengefallen.
Zunächst wurde den Funden nicht viel Wert beigemessen, da es in der Gegend zahlreiche Funde römischer Landhäuser gibt. Zur bessren Bearbeitung hatten Landwirte damit begonnen die Wiese mit einer Planierraupe einzuebnen. Weitere Zerstörungen fanden statt durch die Verlegung einer Gasleitung und den Bau der Umgehungsstraße.
Inzwischen hat sich jedoch herausgestellt, dass diese Villa Rustica in der Region etwas Besonderes ist und untypisch im Vergleich zu anderen Funden. Maßgeblich für die Erschließung und den Erhalt des Bodendenkmals ist der Förderverein Villa Rustica Peiting e.V..
Ausgrabungsstelle und Museum Villa Rustica, Peiting
Bei der Villa Rustica in Peiting handelt es sich um ein Landhaus im italischen Stil, das in mehreren Bauphasen zwischen dem 2. und 4. Jahrhundert n. Chr. errichtet und bewohnt wurde. Nach dem Abzug der Römer verfielen die Gebäude.
Das Landhaus bestand aus einem in Deutschland seltenen Wohnhaus (praetorium), bei denen die beheizten Wohnräume um einen überdachten oder offenen Innenhof (atrium) angeordnet sind. Alle freigelegten und zu Konservierungszwecken wieder zugedeckten Gebäude waren mit Fußboden-, Wandheizung und Glasfenstern (Flachglas mit Doppelverglasung) ausgestattet. Reste von Wandmalereien zeigten, dass Wert auf Wohnambiente gelegt wurde. Das abseits stehende Badegebäude (balneum) war über einen überdachten Gang (patio) mit dem Wohnhaus verbunden. Zusätzlich gab es noch einige Wirtschaftsgebäude, deren Verwendung nicht vollumfänglich geklärt ist. Es wird angenommen, dass einige Gebäude auch als Herberge dienten. Die Gesamtfläche der Anlage beträgt ca. 2,5 Hektar.
Infotafel vor Ort mit Darstellung des ehemaligen Gebäudekomplexes
Man geht davon aus, dass die Wohnräume doppelstöckig waren mit hohen Räumen, wie in Italien üblich, um bei Hitze ein angenehmes Raumklima zu schaffen. So kann von einer Gebäudegesamthöhe von ca. 16 Metern ausgegangen werden.
Im archäologischen Museum in Boscoreale (Italien) kann eine ähnliche, typische Villa Rustica besichtigt werden.
Der Förderverein hat ehrenamtlich in Eigenleistung innerhalb von 12 Jahren bei geschätzten Kosten von 1 Mio € den Warmbadebereich des Balneums freigelegt.
Das Heizungssystem (hypocaustum) war mit Röhren in der Wand eines Zimmers verbaut. Hohlziegel verbanden die Fußbodenheizung mit dem Kamin. So zirkulierte die warme Luft nicht nur unter dem Fußboden, sondern auch in den Wänden und das Zimmer wurde von allen Seiten beheizt. Solche Heizungssysteme besaßen nur wohlhabende Haushalte und waren meist nur auf einen Raum begrenzt. Für die Heizung wurden römische Hohlziegel (tubuli) verwendet, sie wurden 70 bis 80 nach Christus erfunden und waren eine Weiterentwicklung der vorher verwendeten Putzhaftziegels. In den Seiten befanden sich Löcher, damit der Rauch nicht direkt nach oben strömte, sondern auch seitlich verbreitete. Auf diese Weise hat man nicht nur eine Entlüftung der Bodenheizung sondern auch eine Wandheizung. Durch das permanente Durchheizen wurde Rußbildung verhindert. Ein weiterer Vorteil des permanenten Betriebs ist der geringere Energieverbrauch. Im Gegensatz zum Aufheizen benötigt man zur Aufrechterhaltung weniger Brennstoff.
Blick auf die Reste der freigelegten Badeanlage
Teile der Hypocaustenheizung, Hohlraum unter dem Badebereich.
Modell des Heizungssystems mit Boden- und Wandheizung
Badeanlage (balneum = privates Bad, im Gegensatz zur Therme = öffentliches Bad)
Bauschema:
• Heizungsanlage (Praefurnium)
• Ankleideraum (Apodyterium) mit in die Wand eingelassenen Nichen zum Ablegen der Kleidung.
• Kaltbad (Frigidarium) zum Reinigen vor dem Bad.
• Angenhem temperierter (ca. 28°) Aufenthalts- Ruheraum (Tepidarium) mit Sitzgelegenheiten
• Warmbad (Caldarium) mit Lufttemperatur von 35° und Sitzbad. Das Wasser wurde einmal am Tag gewechselt über ein Zirkuationsverfahren wurde die Temperatur den ganzen Tag aufrecht erhalten.
• Schwitzbad (Sudatorium) ähnlich der heutigen Sauna mit einer Temperatur von 55°
• Kaltbad (Frigidarium) zum Reinigen vor dem Bad.
Männer- und Frauen haben das Bad gemeinschaftlich aber zu getrennten Zeiten genutzt. Die Befeuerung (praefurnium) wurde von einem Angestellten bedient. Damit wurde sowohl das Wasser als auch der Boden beheizt.
Römisches Gussmauerwerk
Mit dem römischen Beton (Opus caementicium) haben die Römer ab dem 3. Jahrhundert v. Chr. Teile von Mauern und später ganze Bauwerke errichtet. Zusammensetzung: 60% Kalk, 30% Ziegelbruch, Ziegelmehl oder Puzzolan, 10 % Sand oder Kies. Der Ziegelbruch wurde mit trockenem Kalk vermischt. Durch die Zugabe von Wasser reagiert der gebrannte Kalk unter starker Hitzeentwicklung. Bei der Entstehung von Mikrorissen lassen sich diese durch zufügen von Wasser und Kalk wieder verschließen. Römischer Beton ist leichter, daher war auch der Bau von Großkuppeln möglich (vgl. Pantheon).
Der ähnlich zusammengesetzte Opus signinum enthielt feinere Zuschlagstoffe und wurde als wasserdichter Estrichmörtel verwendet. Die glatte und wasserdichte Oberfläche entsteht durch eine zusätzliche Schicht aus Leinölbeimengung.
Materialien des römischen Betons
Peitinger Liebeszauber
In Peiting wurde ein Fluchtäfelchen gefunden, dass unter dem Namen „Peitinger Liebeszauber“ bekannt ist. Der Übersetzungsversuch lautet:
"Der Schlaf behüte dich, Gemella, schlafe unter dem Joch der Ehe, beherrsche dich, du machst nichts verkehrt, aber liebe Clemens so, auch wenn du ihn nicht sehen wirst. (Dies möge das) Bleitäfelchen (bewirken).“
Abbildung der Täfelchen in einer Vitrine
Die freigelegten Reste des Badehauses befinden sich unter einem rundum verglasten Schutzhaus und können ganzjährig besichtigt werden.
Herr Jakob Leicher nach seinem fundierten Vortrag
Wallfahrtskirche Maria Egg
Zum Abschluss unserer Exkursion haben wir noch einen Abstecher in die Wallfahrtskirche Maria Egg gemacht. Ursprünglich lag diese Kirche abgelegen am Ortsrand. Dies ist durch die Ausweitung der Bebauung nicht mehr erkennbar.
Die Kirche Maria Egg in Peiting
Kirche Maria Egg, Altarraum
Hochaltar in Maria Egg
1645 begann die Wallfahrt zunächst zu einem gemauerten Bildstock im Peitinger Feld. Das Bekanntwerden außer-gewöhnlicher Heilungen führte zur Ausweitung der Wallfahrten. Ab 1650 bemühte man sich schließlich um den Bau einer Kapelle. Die gesamten Stuckarbeiten im Chor und Langhaus werden der Werkstatt Johann Schmuzer zugeschrieben. Aufgrund der zunehmenden Wallfahrt musste die Kirche um 1737 nochmals vergrößert werden. Das machte auch neue Stuckarbeiten nötig. Mit der Ausführung waren Josef Schmuzer und sein Sohn Xaver beauftragt.
Der Hochaltar ist eine aufwändige Arbeit aus der Zeit des Rokoko. Sehenswert sind auch die Kanzel, die zwei Seitenaltäre und das Relief mit der Anbetung der drei heiligen Könige.
Zeugen einer tiefen Volksfrömmigkeit und eines tiefen Glaubens sind die Votivbilder. Aus dem einst reichen Bestand sind jetzt nur noch wenige, aber bedeutende Beispiele erhalten, wie z.B. die Jakobsbrüdertafel.
Votivbilder in der Kirche Maria Egg
Jakobsbrüdertafel