Am 24.09.2023 hat unser Verein für Mitglieder und Interessierte eine Exkursion nach München durchgeführt. Das Thema der Führung unseres Schriftführers Rainer Maurer lautete: „Mittelalterliche Spuren in der Graggenau.
Um das Jahr 1200, als die Bayerischen Herzöge Regensburg den Rücken kehrten, machten sie München unter Heinrich dem Löwen (1129/30-1195) zur Residenzstadt, die unter Ludwig dem Bayern vollendet wurde. Ein erster Mauerring, der die heutige Altstadt umschließt wurde errichtet und hatte Bestand bis Kurfürst Albrecht (1697-1745) die Stadt erweiterte.
Obwohl im zweiten Weltkrieg über 90 % der Münchner Altstadt vernichtet wurde, sind die ehemaligen Straßenverläufe noch nahezu erhalten geblieben, so dass wir den alten Spuren auf unserer Exkursion gut folgen konnten.
Das Münchner Stadtviertel Graggenau liegt im Nordosten der Altstadt. Seine Grenzen werden in etwa durch das Tal im Süden und die Dienerstraße im Westen beschrieben. Hier residierte vorzugsweise der Adel, wohl wegen der Nähe zum Alten Hof. Urkundlich erwähnt wurde dieses Stadtviertel erstmals 1458. Der Name hat seine Wurzel im Wort Krack was so viel wie Krähe bedeutet.
Die Graggenau ist eins von vier ursprünglichen StadtvierteIn der Münchner Altstadt. Benachbart finden wir das Angerviertel (Peterskirche, Markt und Bordell), das Hackerviertel (Handwerker, Krämer) und das Kreuzviertel (Händler, Kaufleute, Patrizier).
Skizze der Graggenau
Man erkennt noch heute Reste der alten Stadtmauer. Sie bestand aus einer inneren Mauer mit ca. 260 Türmen, die im Abstand der Reichweite eine Armbrust errichtet waren, sowie einer äußeren Mauer, mit weiteren etwa 50 Türmen. Später wurden zur besseren Verteidigung an der Außenseite zusätzlich Bastionen errichtet. An einigen Stellen an denen die Bastionen nicht eingeebnet wurden, erinnert die Geländeformation noch an diese Verteidigungsanlagen.
Am Isartor zeigt ein Fresko den Einzug des Kaisers nach der Schlacht von Mühldorf, in der Ludwig der Bayer seine Machtansprüche gegen seinen Habsburger Kontrahenten durchsetzen konnte. Die Schlacht bei Mühldorf gilt heute als die letzte große Ritterschlacht ohne Feuerwaffen.
Relief Isartor: Einzug des Kaisers nach der Schlacht von Mühldorf
Einer Legende nach rettete die Bäckerbruderschaft Ludwig dem Bayern in der Schlacht das Leben woraufhin Ludwig ihnen aus Dankbarkeit im Tal nahe der ehemaligen Hochbrücke ein Haus schenkte. Die Bäckerbrüderschaft ist am rechten Rand des Freskos dargestellt, erkennbar an dem Symbol der Brezen auf der Fahne.
Relief Isartor: Bäckerbrüderschaft
Schräg gegenüber im Innern der ehemaligen Sparkasse, findet man noch einen Teil der alten Stadtmauer. Außen wird der Verlauf durch eine moderne Backsteinmauer angedeutet.
Teil der alten Stadtmauer im Innenhof der Sparkasse
Folgt man der Straße Lueg ins Land, so kommt man zum Vindelikerhaus. Rechts davon befindet sich ein Haus mit einer Schießscharte, das die Innenseite eines alten Wehrturmes aus dem Jahr 1300 bildete. Auf dem Gehweg ist die Form des ehemaligen Turms auf dem Boden nachgezeichnet.
Nachzeichnung des alten Wehrturms auf dem Gehweg
Weiter Stadteinwärts gelangt man über die Marienstraße entlang der alten Stadtmauer zur ehemaligen Malzmühle, die, nahe an einem Bach gelegen, das Hofbräuhaus mit Malz versorgte.
Malzmühle
Neben der Nutzung der Wasserkraft für kommerzielle Zwecke, wie zum Betreiben von Mühlrädern, Hämmern, als Löschwasser oder zum Wäschewaschen bestand die Hauptfunktion der damaligen Bäche in der Abwasserversorgung. Entweder direkt, wenn sich das Haus nah genug am Bach befand, oder bei weiterer Entfernung über Rinnen oder durch die Entleerung von Kübeln. Hierfür gab es spezielle Einschüttstellen, die bis ca. 1807 genutzt wurden und deren nächtliches Betreiben genossenschaftlich organisiert war.
Erst mit Pettenkofer (1818-1901) wurden die hygienischen Zustände in München verbessert und eine vorbildliche Trinkwasserversorgung sowie ein leistungsfähiges Abwassersystem eingerichtet. Östlich des Lenbachplatzes finden wir einen imposanten, ihm zu Ehren errichteten Brunnen (Wittelsbacher Brunnen).
Ein weiterer wichtiger Bach verlief entlang der heutigen Sparkassenstraße. Er lieferte die Wasserkraft zum Betreiben der Pfistermühle und des Hammers der Münzprägeanstalt. Eine Zeichnung von Hans Gressler zeigt noch ein Bild des offen verlaufenden Baches.
Münzstraße
Eingang zum Alten Hof
Durch einen Torbogen ist die Alte Münze mit dem Alten Hof verbunden, der ab etwa 1255 als Residenz der Herzöge von Bayern diente. Der Gebäudekomplex besteht aus mehreren Bauteilen. Noch erhalten ist das Zerwirkgewölbe aus dem 13. Jahrhundert, in dem sich früher das braune Brauhaus befand (im Hofbräuhaus wurde ehemals nur Weißbier gebraut). Durch die Neugestaltung des Alten Hofes hat der Innenhof nun wieder den Charakter eines Burghofes erhalten. Architektonisch auffällig ist der Gebäudeteil an dem Platz der ehemaligen Lorenzkapelle.
Alter Hof mit Blick auf ehem. Lorenzkapelle
Am Burgstock befindet sich ein gotischer Erker. Der Sage nach soll ein Affe den kleinen Ludwig den Bayern entführt und erst nach langem Zureden wieder in die Burg zurückgebracht haben.
Torturm alter Hof und Burgstock, Zeichnung G. Aichert
Der weitere Weg führte uns an der alten Schreibstube vorbei zum alten Rathaus. Die Außenfassade der Schreibstube gibt uns noch heute einen Eindruck, wie die Häuser der Stadt damals ausgesehen haben.
Fassade der alten Schreibstube
Das 1470 bis 1480 von Jörg von Halsbach (auch Erbauer der Frauenkirche), im spätgotischen Stil errichtete Rathaus besaß im Obergeschoß den Fest- bzw. Tanzsaal, im Erdgeschoß das Brothaus und im Keller ein Gefängnis. Der der Platz begrenzt war musste die Verwaltung (z.B. Münze und Schreibstube) in anderen angrenzenden Verwaltungsgebäuden untergebracht werden. Das Talburgtor der Stadtbefestigung, damals als „unteres Tor“ bezeichnet, wurde zum Rathausturm umgebaut. Das heutige Tor ist nicht mehr das ursprüngliche. Bereits ein Vorgängerbau musste weichen als die Tram den Weg nutzte. Der heutige Turm ist später wieder neu errichtet worden.
Talburgtor, Zeichnung von G. Aichert
Talburgtor
Am Alten Peter, dem ältesten Teil der Stadt endete unsere Tour. An der Außenfassade sind einige interessante Grabsteine angebracht, die früher auf dem ursprünglichen Friedhof standen. Hinter einem vergitterten Fenster im unteren Teil des Turmes hängt die Arme-Sünder-Glocke. Es ist die kleinste und zugleich älteste Glocke des Alten Peter. Sie wurde damals bei Hinrichtungen auf dem Marienplatz geläutet.
Alter Grabstein des ehem. Friedhofs
Arme-Sünder-Glocke im Alten Peter
Beim gemütlichen Essen im Tegernseer Tal haben wir den Tag ausklingen lassen.